Inklusion als Chance
Inklusion als Chance
Menschen mit Behinderung erfolgreich in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren, ist nicht immer leicht – und doch ist es möglich. Das zeigt das Beispiel von Bünyamin Tutcu. Er hat sein Ziel erreicht und macht jetzt eine Ausbildung zum Kaufmann für Büromanagement im motion-center in Rendsburg. Dort sieht man Inklusion nicht nur als gesellschaftlichen Auftrag, sondern auch als Chance für das Unternehmen.
Seit August ist der 25-jährige hier offiziell als Azubi angestellt und lernt seitdem in dem renommierten Unternehmen für Reha- und Orthopädietechnik alle relevanten Arbeitsbereiche kennen. Dazu gehören, Angebotsanfragen und Auftragsabwicklung ebenso wie die Kontrolle von Lieferscheinen und Rechnungen. Soweit alles ganz normal.
Dass Bünyamin Tutcu nun in einem regulären Ausbildungsbetrieb tätig ist, war jedoch anfangs keineswegs selbstverständlich, denn Bünyamin Tutcu lebt mit einer Behinderung. Aufgrund einer neurologischen Erkrankung ist er in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Nach der Schule arbeitete er daher zunächst in den Werkstätten Rendsburg-Eckernförde. Hier war Bünyamin Tutcu im Rahmen einer beruflichen Bildungsmaßnahme in der IT-Abteilung im Einkauf tätig und betreute den digitalen Knotenpunkt, wo er Laien moderne digitale Technik – wie 3D-Druck oder Virtual Reality - näherbrachte. Skills, die sicherlich auch sein neuer Arbeitgeber zu schätzen weiß.
Jobcoaching: Hilfe beim Einstieg in den Arbeitsmarkt
Auf seinem Weg in den neuen Job wurde Bünyamin Tutcu in den Werkstätten Rendsburg-Eckernförde von Johannes Kolbe begleitet. „Wir verstehen uns als Wegbereiter und versuchen durch vielfältige berufliche Qualifizierungsangebote, angepasste Arbeitsbedingungen, sozialpädagogische Begleitung, Struktur und Gemeinschaft unsere Klienten zu stabilisieren und im Idealfall auch auf ihrem Weg aus der Werkstatt hinaus zu unterstützen“, erklärt der Jobcoach und Sozialpädagoge Kolbe.
In den Werkstätten Rendsburg-Eckernförde gibt es dafür einen Fachdienst, der sich darauf spezialisiert hat, Menschen mit Behinderungen die Tür zum allgemeinen Arbeitsmarkt zu öffnen. Gemeinsam haben Kolbe und Tutcu geschaut, welche Tätigkeit seinen Wünschen und Fähigkeiten entspricht. Was könnte passen und was sind realistische Ziele? Ganz praktisch haben sie gemeinsam z.B. auch das Schreiben von Bewerbungen geübt und trainiert, wie man sich in Bewerbungsgesprächen gut präsentiert. „All das hat mir sehr geholfen und Mut gegeben“, sagt Tutcu.
Ausgelagerter Arbeitsplatz als Phase der Erprobung
Über ein zweiwöchiges Praktikum haben Tutcu und das motion-center zueinander gefunden. Die Chemie passte und es folgte als nächster Schritt ein Vertrag über einen sogenannten „ausgelagerten Arbeitsplatz“. Sechs Monate lang hat Bünyamin Tutcu pro Woche zwei Tage in den Werkstätten und drei Tage im Betrieb gearbeitet. In dieser Zeit war Tutcu weiterhin bei den Werkstätten Rendsburg-Eckernförde beschäftigt und wurde quasi „ausgeliehen“. Dieses Modell bietet den Beschäftigten mit Handicap die Sicherheit, im Falle des Falles problemlos in den geschützten Rahmen zurückkehren zu können.
Jobcoach Kolbe war in dieser Zeit regelmäßig vor Ort und unterstützte ihn beim Einarbeitungsprozess. „Ausgelagerte Arbeitsplätze sind als beiderseitige Erprobungsphase gedacht“, so Kolbe. „Der potentielle Arbeitgeber kann die Zeit nutzen, um die Leistungsfähigkeit einschätzen zu können und der Mensch mit Handicap kann sich ausprobieren, langsam an neue Aufgaben gewöhnen und bestenfalls mit den neuen Herausforderungen wachsen.“
Das war bei Bünyamin Tutcu definitiv der Fall, im August folgte daher die Unterschrift unter dem Ausbildungsvertrag. Seine neue Ausbilderin Susanne Grage ist voll des Lobes: „Es ist toll zu sehen, wie Bünyamin sich mit seinen Qualitäten bei uns einbringt.“ Und auch Bünyamin Tutcu ist glücklich: „Ich wurde hier sehr gut aufgenommen und das hat mir wirklich nochmal geholfen, Halt zu finden.“
Offenheit, Flexibilität und Verständnis sind notwendig
Das ist leider nicht immer selbstverständlich. Inklusion von Menschen mit Behinderung in den allgemeinen Arbeitsmarkt ist auch davon abhängig, in wieweit das Kollegium die Idee mitträgt. Ein offener Umgang mit den jeweiligen Einschränkungen, Verständnis und die Flexibilität die Rahmenbedingen gegebenenfalls anzupassen, sind die Basis für einen gelungenen Inklusionsprozess. Im motion-center klappt das vorbildlich.
Alle Beteiligten – das motion-center, die Werkstätten Rendsburg-Eckernförde, die Kolleginnen und Kollegen und Bünyamin Tutcu selbst – sind sehr zufrieden mit dem, was er erreicht hat. Doch Kolbe weist auch auf die Grenzen des Machbaren hin: „Zur Wahrheit gehört, dass wir aktuell einen Großteil unserer Werkstattmitarbeitenden nicht vermitteln können. Wenn alle Menschen – auch jene mir erheblichen körperlichen, seelischen oder geistige Einschränkungen - mitgenommen werden sollen, muss sich der Arbeitsmarkt verändern! Derzeit ist ein inklusiver Arbeitsmarkt leider noch eher Utopie als Realität“, so Kolbe.
Wenn man als Unternehmen – wie das motion-center – sich jedoch darauf einlässt, dann ist Inklusion „eine Chance für alle Beteiligten“, sagt Johannes Kolbe und ermutigt Unternehmen, sich bei Fragen unverbindlich an den Jobcoach-Fachdienst zu wenden. Bünyamin Tutcu hat seine Chance ergriffen und macht mit der Ausbildung nun einen weiteren entscheidenden Schritt auf seinem Weg zu einer erfolgreichen beruflichen Zukunft.
Kontakt:
04331 - 14 33 15
Jobcoach Kolbe